superdirigent

Bei manchen Unternehmen wirkt alles, was entwickelt, gestaltet und kommuniziert wird, wie aus einem Guss, ganz als ob ein einziger Designer die Gestaltungshoheit innehat. Die Marken dieser ‚Champions League‘ dienen all jenen Unternehmen als Vorbild, die erkannt haben, dass man mit einem orchestrierten Auftreten an allen Kontaktpunkten seine Identität glaubhaft macht und damit eine wichtige Grundlage für nachhaltige Kundenbindung schafft. Denn genau wie einem falsch spielenden Orchester laufen auch einem Unternehmen die Kunden davon, wenn es nicht in der Lage ist, das ‚Zusammenspiel‘ seiner Aktivitäten zu verschmelzen und einheitlich auftreten zu lassen.
Ich berichtete ja schon über die Kochprofis…

Da stellt sich nun die Frage nach der Gestaltungshoheit: Wie bekommt man die Gestaltung so in den Griff, dass Produkt wie Kommunikation gleichermaßen gestaltet werden, egal was man produziert oder anbietet? Vor allem, wenn man diesen einen Gestalter nicht hat, sondern sich viele Gestalter dort tummeln? Vielleicht sollte man eher nach einer Unternehmenspartitur und einem Dirigenten suchen, damit es zu einem ‚konzertanten‘ Ergebnis kommt.

Eine Unternehmenspartitur hat dabei die Aufgabe, alle Berührungspunkte zum Markt, dem Kunden und der Gesellschaft zusammenfassend mit einem Gestaltungsansatz zu versehen und somit die jeweilige Ausführung dieser ‚Touch Points‘ gleichsam zu lenken (und dies ganz in Einklang mit der Persönlichkeit des Unternehmens). Vielen kommt hier jene Konzernrichtlinie in den Sinn, die auch gerne Corporate Identity Style-Guide genannt wird.
Die meisten dieser Style-Guides beschränken sich jedoch auf die kommunikativen Aspekte in einem Kundenerlebnis (Marke, Logo, Grafik, Tonalität etc.), jedoch werden die Produkt- oder Service-Aspekte selten integral mitkonzipiert: Ein einheitlich konzipierter Style-Guide, der alle Berührungspunkte zum Markt und Kunden umfasst, ist deswegen so selten, weil es kaum Agenturen gibt, die dies liefern können…

Hat man jedoch tatsächlich solch eine ‚Partitur‘ und umfasst sie alle ‚Instrumente‘, die die Markenaufführung bespielt (also auch das Produkt, den Service, die Interaktionen usw.), dann lässt sich ein wirklich einheitliches Markenerlebnis kreieren.
Ob es dabei auch einheitlich ‚aufgeführt‘ wird, garantiert diese ‚Partitur‘ nicht: Denn meist werden die einzelnen Instrumente völlig losgelöst voneinander ‚gespielt‘ und die übergreifende Partitur wird dabei von jedem neu interpretiert. So hat z. B. jede Designgattung ihren eigenen Creative Director für die jeweilige Gestaltungsarbeit.

Wenn man dann noch bedenkt, dass (im Gegensatz zur Orchesteraufführung) Kunden, wenn sie sich mit einer Marke einlassen, die ‚Instrumente‘ meist nacheinander spielen hören, dann wird schnell klar, wo hier die Herausforderung liegt- ein Dirigent muss her. Und zwar einer, der in der Lage ist, die vielen Kreativen zu lenken (resp. zu lassen), als auch zu gewährleisten, dass die Partitur an allen Kontaktpunkten zeitversetzt und kohärent interpretiert und umgesetzt wird.
Die Voraussetzungen zum Superdirigenten bringen dabei Designer eher weniger mit: Sie verlieben sich zu schnell in ihr ‚Instrument‘ und das ‚Spiel‘, sind eher im Detail aktiv als am großen Ganzen.
Meist sind es die Unternehmenslenker mit dem richtigen Gespür für die Wirkung einheitlich orchestrierter Gestaltung und der Gabe, die Mitarbeiter hierin zu sensibilisieren, die es schaffen, alle Markenaspekte so aufeinander abstimmen zu lassen, sodass ein einheitliches Ganzes dabei entsteht. Sie wissen, dass es nicht reicht, sich von einem Design-Guru eine Partitur komponieren zu lassen, um Design optimal für sich zu nutzen – es kommt auch auf die ‚Aufführung‘ an!

Wohl aus diesem Grund gibt es Unternehmen, die erfolgreicher sind als andere, ihre Kunden zu begeistern – sie haben die richtige Partitur, einfühlsame Mitarbeiter und Gestalter und einen Superdirigenten!

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